Fototipps
Reisefotografie: Tipps für spannende Motive
Auf meinen Reisen fotografiere ich grundsätzlich alles, was mein Interesse weckt. Ich möchte mich nicht einschränken auf Tierfotos, Portraits oder Street Photography. Darum liebe ich die Reisefotografie, sie ist sehr vielfältig. Ich möchte nicht nur Landschaften festhalten, sondern umfassende Eindrücke des Ortes. Das ist das, was das Reisen für mich ausmacht: dieser Austausch mit einer anderen Kultur, die neuen Perspektiven.
Entdeckermomente festhalten
Ich liebe Dinge, die anders sind als daheim in der Schweiz. Ob es eine exotische Frucht ist oder ein ungewöhnliches Gebäude – ich finde das spannend. Dabei spielt die Tier- und Pflanzenwelt eine grosse Rolle für mich. Sie bietet einen unfassbar grossen Schatz an ungewöhnlichen Motiven.
Sehenswürdigkeiten kreativ in Szene setzen
Es gibt immer Dinge, die wurden schon tausendfach abgelichtet. Gerade bei Sehenswürdigkeiten kann es deshalb hilfreich sein, vorab auf Instagram zu vergleichen: Welche Perspektiven des Eiffelturms haben andere gefunden?
Ich persönlich mache bei solchen Sehenswürdigkeiten immer erst mal das Standardfoto: Frontal von vorne, so wie jeder das macht. Dann schaue ich mich um und überlege mir, was ich mit den Gegebenheiten vor Ort noch aus einem Foto oder einer Situation herausholen kann. Vielleicht gibt es irgendwo ein Blüemli, das man in den Vordergrund nehmen kann. Vielleicht gibt es Pflanzen, die das Motiv einrahmen könnten, oder eine ungewöhnliche Spiegelung. Das ist wie eine kleine Challenge, die ich mir selbst stelle.
Details bewusst wahrnehmen
Ich versuche immer, verschiedenste Eindrücke von einem Ort festzuhalten. Neben dem Foto von den typisch vietnamesischen Türmen mache ich dann zum Beispiel eine Detailaufnahme der Mönche oder der Blüten vor Ort. Ich experimentiere mit verschiedenen Perspektiven – mal frontal, mal eher von unten her. Das ergibt dann quasi eine Serie und am Ende hat man das Erlebnis in seiner Vielfalt eingefangen und kann sich später wieder an die verschiedenen Details erinnern.
Challenges setzen
Wenn ich ein Land schon öfter besucht habe, beispielsweise Italien, dann setze ich mir eher Challenges. Beispielsweise nehme ich nur mein 50mm Festbrennweitenobjektiv mit und fokussiere mich ganz bewusst auf die Street Photography. So geht man viel aufmerksamer durch den Ort und nimmt ganz andere Dinge wahr.
Keine Angst vor bewegten Motiven
Bewegte Motive sind meistens nicht kontrollierbar, es sind Momentaufnahmen. Da muss drumherum alles stimmen. Ein Tier, ein fahrender Zug, laufende Menschen – sofern es möglich ist, schaue ich, dass ich vorher einige Probeshots mache: Passt die Belichtung und die Komposition?
Ganz wichtig ist, dass die Verschlusszeit nicht zu lang ist – das Bild soll ja trotz der Bewegung scharf sein. Wenn man noch etwas unsicher ist, kann man auch mit einer Halbautomatik mit Zeitpriorität experimentieren und eine kurze Verschlusszeit einstellen. So macht die Kamera den Rest und man verpasst den Moment nicht, wenn zum Beispiel gerade ein Vogel losfliegt.
Gerade bei Tieren lohnt es sich, sie über längere Zeit zu beobachten, um mögliche Bewegungen zu antizipieren. Währenddessen kann man die Bildkomposition planen und dann auf den Moment warten, wo das Motiv sich genau dort befindet, wo man es gerne hätte. Natürlich gehört immer auch etwas Glück dazu.
Den Blick von oben wagen
Ich bin selbst Anfängerin, was die Drohne angeht. Ich habe ein günstiges Anfängermodell, da ich erst mal ausprobieren wollte, ob ich damit überhaupt gut klarkomme und ob ich wirklich eine Drohne brauche. Der grösste Reiz daran ist für mich der Top-Down-Blick, also wirklich im 90°-Winkel zum Boden. Das ist einfach eine ganz andere und ungewöhnliche Perspektive.
Meine grosse Liebe sind Salzseen und ähnliche Strukturen. Wenn man die Bilder betrachtet, weiss man manchmal auf den ersten Blick gar nicht, was man da sieht. Das hat so eine besondere, eigentümliche Wirkung. Ich mag zudem Drohnenfotos, die recht minimalistisch oder gemustert sind. Zum Beispiel das immer gleiche Muster der Rebenreihen in einem Weinberg, aber auch Strassen oder Wälder.
Bei der Drohnenfotografie ist es übrigens nicht immer die schlechteste Idee, mitten am Tag zu fotografieren, mit direktem Sonneneinschlag von oben. Das versucht man in der «normalen» Fotografie ja eher zu vermeiden, weil man damit nur sehr schwer arbeiten kann. Die Farben können von oben manchmal recht cool rüberkommen, wenn die Sonne so stark scheint. Am Meer zum Beispiel: Wenn ich das Meer morgens mit der Drohne fotografiere, dann enthält es viele Orange- und Gelbtöne. Am Mittag dagegen wirkt es tiefblau und besonders intensiv.
Grenzen respektieren
Ich versuche grundsätzlich sehr offen und aufmerksam zu sein. Mir ist wichtig, dass ich niemanden mit meiner Fotografie störe. Generell sind Menschen nicht der Mittelpunkt meiner Reisefotografie, weil das für mich schon ein sensibles Thema ist. Wenn ich merke, dass sich jemand unwohl fühlt, packe ich die Kamera weg.
Gerade auf Reisen sollte man sehr sensibel sein, denn man versteht sich ja oft nicht. Manchmal können die Leute ihr Unwohlsein also gar nicht ausdrücken. Das heisst, man muss wirklich versuchen, ein Gespür dafür zu entwickeln. Mit Gestik und Mimik kann man ganz viel kommunizieren, ich hebe zum Beispiel meine Kamera und nicke die Person so ein bisschen fragend an – «darf ich?». Wenn jemand verneint, dann ist das unbedingt zu akzeptieren, das ist ja ihr gutes Recht. Selbst wenn Leute nur sehr zögerlich nicken, dann lasse ich es lieber.
Zu guter Letzt: Genug Zeit einplanen und geniessen!
Wenn ich mir Zeit nehmen kann, dann plane ich so ca. 15-30 Minuten vor Ort fürs Fotografieren ein. So kann ich die Situation beobachten und beispielsweise schauen, wer unterwegs ist. Man kann dabei auch ein Auge auf andere Fotografinnen und Fotografen haben und sich von deren Ideen inspirieren lassen.
Bei einer Langzeitbelichtung braucht man natürlich etwas mehr Zeit. Das kann dann auch mal eine Stunde dauern, denn das Foto soll trotz Langzeitbelichtung am Ende genug Schärfe haben. Wenn ich selbst auf dem Foto sein möchte, muss zunächst die richtige Position gefunden und der Selbstauslöser eingestellt werden, das dauert dann eben immer ein bisschen länger.
Allgemein hängen diese Zeiträume aber sehr vom eigenen Fotografie-Level ab. Für Anfänger empfiehlt es sich sicherlich, etwas mehr Zeit zu planen, um genug Spielraum für verschiedene Kamera-Einstellungen zu haben.
Und bei all der Fotografie darf man nie vergessen, den Ort auch durch die eigenen Augen zu geniessen und nicht nur durch die Linse zu schauen. Auch mal die Kamera weglegen und einfach sitzen, Eindrücke wirken lassen, geniessen. Reisen ist nicht nur das Ablaufen von Fotospots.
Ich wünsche viel Freude beim Ausprobieren!
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